»Krabat« - siebte Produktion der Theaterkiste Mürringen


Freundschaft, Liebe und Freiheit in gelebte Bühnenrealität verwandelt



 In diesem Stück unter der Regie von Alfons Velz geht es um einen vierzehnjährigen Betteljungen, der auf geheimnisvolle Weise zur Mühle im Koselbruch am Schwarzen Wasser gerufen wird.

Schwarze Magie

Dort ist es allerdings nicht geheuer, denn der Meister kann nicht nur Korn mahlen, sondern er unterweist seine, zur Sekte gewordenen Gesellen in der Schwarzen Magie. Das bedeutet für den herumstreunenden Krabat ein angenehmes Leben in Sicherheit und ohne Hunger und Durst.

Dafür opfert er bereitwillig seine Freiheit und nimmt in Kauf, daß er sich dem Meister mit Haut und Haar unterwerfen muß. Als Krabat endlich durchschaut, was auf der Mühle gespielt wird, ist es scheinbar schon zu spät.

Literarische Vorlage

Ein anderer Mühlknappe gibt ihm jedoch einen Tip, wie er dem bösen Spiel ein Ende bereiten kann: durch Krabats Liebe zu einem Mädchen, das draußen in der Freiheit lebt. Diese Liebe ist stark genug, um den Meister, der einen Pakt mit dem Gevatter unterhält, zu besiegen, und um dem Stück ein hoffnungsvolles Ende zu verleihen.

Die literarische Vorlage dazu stammt von dem gleichnamigen Roman aus der Feder Otfried Preusslers. Dieser selbst geht auf eine Volkssage aus der Gegend von Hoyerswerda zurück. 1972 wurde er dafür mit dem deutschen Jugendbuchpreis ausgezeichnet.

Farbenfrohe Welt

Das erste Bühnenbild schildert eine natürliche, farbenfrohe Welt: Bäume, Zirkuswelt, Wolken... Vor diesem Hintergrund singen die Schauspieler unisono und in lockerer Stimmung als Prolog eine Moritat, die das künftige Bühnengeschehen gerafft einleitet. Die Leute dieser Gegend sind zwar arm, aber gut drauf.

Eine Traumstimme aus dem Off veranlaßt Krabat dazu, den Weg in die Mühle zu suchen. Nach einem raschen Bühnenbildwechsel erscheint der bedrohliche Mühlenraum mit seiner geheimnisvollen, stilisierten Umgebung, der uns bis zum Schluß erhalten bleibt.

Vielseitige Pritschen

Links die überdimensionale Figur des allzeit präsenten Meisters, eine Art Big Brother, daneben ein großer Krähenkopf. Weiße gespannte Tücher deuten nicht nur Landschaft an, eins davon dient auch als Leinwand für Dia-Projektionen und Schattenspiele, welche die epischen Teile zusätzlich unterstreichen.

Rechts im Hintergrund ein riesengroßes Zahnrad, das die Mühle veranschaulicht. Vor alledem reihen sich parallel vielseitig einsetzbare Pritschen, deren Unterseite nahtlos und regelmäßig in das Bühnenbild eingebaut wird. Das alles in den Farbtönen Lila, Braun, Blau, Grau und Schwarz. Die daraus hervorgehende bedrückende Stimmung begleitet uns bis zum Schluß.

Keine Langeweile

Es stellt sich das Problem, den dreimal wiederkehrenden Jahreszyklus vom Leben in der Mühle so zu komprimieren, daß wirklich alles Nötige gesagt wird, und daß außerdem daraus keine Langeweile entsteht. Durch eine geschickte Kombination von Spiel, Live- und Off-Erzählung, Lied, Tanz, Ton, Musik, Licht sowie raschem Szenenwechsel ist dies der Amateurgruppe gut gelungen.

Seien es nun turbulente Szenen, wie beispielsweise die ausgelassenen Feiern mit den anderen Gesellen in ihren weißen Müller-Kostümen, nachdem Krabat vom Meister zum Gesellen befördert wurde. Oder eher spannungsgeladene Szenen wie die, wenn wieder einmal ein Geselle vom Meister zwangsweise zu Neujahr ermordet worden ist.

Kaum Nervosität

Oder eher ruhige, wenn sich die Mühlenbelegschaft auf den Pritschen nach der typischen Armbewegung zum Schlaf hinlegt, immer wieder erfährt der Zuschauer ein homogenes, gut aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel.

Da störten einige wenige Texthänger denn wohl auch ebensowenig wie wenn hier und da eine Pritsche sich zugleich auf dem glatten Teppichboden und aus dem Bühnenbild verselbständigte. Eigentlich war die übliche Premieren-Nervosität kaum spürbar. Einige hier und da verstreute Publikumslacher könnte man eher deuten als sich aus der permanenten unheimlichen und beklemmenden Stimmung befreien zu wollen.

Einfühlsame Stimmung

Überraschend und gleichzeitig prickelnd vor Spannung gestaltete sich auf jeden Fall die Szene mit dem auf der Pritsche »ferngesteuerten« Kelch mit dem Gegengift für den »vergifteten« Krabat, den er aber nur im Zweikampf mit dem Meister und mit seiner eigenen Willenskraft an sich ziehen konnte. Eine Lösung im Sinne der Freiheit schien so greifbar nahe...

Immer wieder schaffen Licht und Ton auf einfühlsame Weise die für jede einzelne Szene erforderliche Stimmung und verstärken den flotten Spiel-Rhythmus, der hier und da von einigen einheitlich und gut umgesetzten Tänzen und choreographischen Elementen abgerundet wurde. Auf jeden Fall wurden Themen wie Freundschaft, Liebe, Freiheit und Macht glaubwürdig in gelebte Bühnenrealität verwandelt.

Sprachliche Qualität

Hervorgehoben sei an dieser Stelle nicht zuletzt die ausgezeichnete und angenehme sprachliche Qualität der Transposition für das Textbuch.

Minutenlanger, enthusiastischer Applaus belohnte die Beteiligten der Theaterkiste für diese hervorragende Leistung. Sogar ein Zusatzapplaus honorierte noch einmal Krabats improvisierte Einzelpräsentation der unsichtbaren Helfer in den Kulissen.

Einstufung in höchste Kategorie

Im Rahmen des Wettbewerbs für deutschsprachige Laienbühnen wurde die Theaterkiste in der Ersten Kategorie bestätigt.

Die Gruppe  (hier sind die Spieler/innen zu sehen) stellte sich am Sonntag, dem 16. November der Jury, die diese siebte Produktion erneut mit der Einstufung in die höchste Kategorie belohnte.

Bis auf eine Ausnahme konnte sich die Theaterkiste unter der Regie von Alfons Velz seit ihrer Gründung vor dreizehn Jahren (Debüt mit »Der kleine Prinz«) in der Ersten Kategorie behaupten.
 

Kontakt: alfvelz@euregio.net


Alfons Velz, Dez1998
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